Elisabeth Voß

Dipl. Betriebswirtin (FH) und Publizistin, Berlin

Kultur der Kooperation

Wie kann Selbstorganisation gelingen?

Mich beschäftigt schon lange die Frage, warum es oft so schwierig ist zwischen den Menschen. Seit ich mich in Gruppen und kollektiven Zusammenhängen bewege, habe ich unzählige Male Streitereien und unlösbare Konflikte miterlebt und war nicht selten auch selbst involviert. So vieles ist daran zerbrochen.

Mit den Streitereien um Corona und den unerbittlichen Auseinandersetzungen um den Ukraine-Krieg hat die schon lange vorhandene Schärfe der Auseinandersetzungen zugenommen, sowohl in Medien, Politik und Gesellschaft, als auch bei "uns", in selbstorganisierten politischen Zusammenhängen und Projekten. Statt bei Irritationen freundlich nachzufragen wird oft sogleich das Schlimmstmögliche unterstellt. "Coronaleugner und "Putinversteher" sind Beispiele für neue Schimpfworte, die aus einer Kultur des Gegeneinander entsprungen sind.

All dies verstehe ich als Ausdruck patriarchaler Denk- und Empfindungsmuster, die durch duale "Entweder-Oder"-Logiken geprägt sind. Es scheint darin nur noch Gut oder Böse, Freund oder Feind zu geben, keine Zwischentöne und Ambivalenzen. Dies korrespondiert sowohl mit der neoliberalen Konkurrenz als auch mit dem digitalen Funktionsprinzip des 0-1-0-1 (die Rede von "Künstlicher Intelligenz" ist reine Propaganda, dazu HIER mehr).

Von all dem bin auch ich geprägt, möchte also nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern beziehe mich selbst in die Kritik ein. Jedoch versuche ich immer wieder, dies letztlich Lebensfeindliche zu erspüren und mit feministischen Perspektiven des "Sowohl als auch" und "Fragend voran" ein Gegengewicht aufzumachen.

So hat sich über die Jahre die "Kultur der Kooperation", das heißt die Frage, wie Selbstorganisation gelingen könnte, als einer meiner Arbeitsschwerpunkte entwickelt. Dabei habe ich eine Sammlung "Von Freiräumen und anderen Missverständnissen" angelegt und ein paar Theaterskizzen entworfen, in denen sich vielleicht typische Missverständnis- und Eskalationsmuster erkennen lassen. Das Leben hat mich reich beschenkt mit Konfliktstoff, den ich solcherart kreativ verarbeiten und damit auch meinen eigenen Schmerz ein wenig besänftigen konnte.

In den letzten Jahren habe ich dies in Vorträgen, Seminaren und Workshops versucht in die Welt zu bringen. In meine Beratungsarbeit mit Kollektiven fließt es ebenfalls ein, auch wenn ich mich entschieden habe, schwerpunktmäßig keine Prozessbegleitung, sondern "nur" fachliche Beratung anzubieten. Trotzdem sind in der Situation mit einer Gruppe alle in ihrer Ganzheitlichkeit dabei, und so gibt es immer wieder Notwendigkeiten, auch mit Kommunikationsmustern und Gruppendynamiken umzugehen.

Hier ein paar Veröffentlichungen zu dem Thema, das mir sehr am Herzen liegt.


08.12.2020: Kultur der Kooperation

Herausforderungen solidarischen Wirtschaftens

„Gemeinsam mehr erreichen“ und „Kooperation statt Konkurrenz“ sind eingängige Slogans, aber wie können sie verwirklicht werden? Es gibt viele verschiedene Ansätze, solidarisch und kollektiv zu wirtschaften. Im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen, nicht das Geld. Was bedeutet das konkret, welche Missverständnisse und Konfliktpotenziale sind in selbstverwalteten Strukturen angelegt und wie kann das Miteinander gelingen?

Online-Vortrag im Rahmen der Ringveranstaltung im Wintersemester 2020/21:
SOLIDARITÄTEN
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU).

Der Mitschnitt des Vortrags kann unter dem Link oben angeschaut werden (dieser Vimeo-Link ist noch gesperrt).


Juli 2018: Wie kann das Miteinander in Gruppen und Projekten gelingen?

Wenn Menschen zusammen kommen, stehen meist ihre gemeinsamen Ziele im Mittelpunkt. Es gibt viele Gründe, sich in Bürger/innen-Initiativen gegen Zumutungen durch Politik und Verwaltung zu wehren, oder sich für ein nachbarschaftliches Miteinander einzusetzen. Vielleicht wird sogar ein gemeinsames Wohn- oder Arbeitsprojekt geplant. Wenn eine Gruppe etwas erreichen möchte, dann liegt es nahe, dass die Aufmerksamkeit sich vor allem darauf richtet, WAS gemeinsam getan werden soll. WIE wir es tun, das wird sich irgendwie finden, oder? So nachvollziehbar diese Haltung ist, so viele Probleme kann sie jedoch über kurz oder lang mit sich bringen. ...

Ein kurzer Artikel zum (leider ausgefallenen) Wochenendseminar 27.-29.07.2018 im Frauenbildungshaus Zülpich, Weiterlesen HIER (pdf)


In selbstorganisierten Gruppen stehen die gemeinsamen Ziele und die Inhalte der Zusammenarbeit im Mittelpunkt. Die Aufmerksamkeit der Beteiligten richtet sich darauf, WAS sie miteinander tun. Für das Gelingen der Kooperation ist jedoch das WIE, also die Art und Weise der Zusammenarbeit, von entscheidender Bedeutung.

Beitrag in CONTRASTE 340, Januar 2013 - Auszug aus workstation ideenwerkstatt berlin e.V.: von grasmöbeln, 1€-jobs und anderem


15.03.2013: Bitte mehr Fragen

Eine Replik auf »Wie wir leben wollen« von Martin Birkner und Ingo Stützle:
Schön, dass ak einen Schwerpunkt zum Kongress »Solidarische Ökonomie« herausgegeben hat. Getrübt wird meine Freude dadurch, dass ausschließlich Männer den Schwerpunkt gestaltet haben. Sicher ist auch alternatives, solidarisches oder wie auch immer sich bezeichnendes anderes Wirtschaften männlich dominiert, ebenso wie die herrschende Ökonomie. Aber von einer linken Zeitung wünsche ich mir natürlich Sensibilität im Umgang damit.

Beitrag in ak 581, 15.03.2013.


2012: Kultur der Kooperation + workstation

Im Buch der workstation ideenwerkstatt berlin e.V.: von grasmöbeln, 1€-jobs und anderem AG SPAK Verlag Neu-Ulm, habe ich zwei Beiträge veröffentlicht, und die Texte in 12/2015 online gestellt:

Kultur der Kooperation - Freiräume und andere Missverständnisse (Seite 188), eine gekürzte Fassung erschien in CONTRASTE 340, Januar 2013.

und

Die workstation in den Landschaften von Selbstverwaltung und Kooperation (Seite 198)